Intracerebrales Hämatom

Abkürzung: ICH

Pathogenese

  • arterielle Hypertonie hypertensive („Massenblutung“); häufige Blutungsquelle sind die perforierenden Arterien an der Hirnbasis
  • Gerinnungsstörung (Thrombopenie, Hämophilie, Antikoagulation, Fibrinolyse)
  • Trauma (Kontusionsblutung)
  • Aneurysma (Subarachnoidalblutung mit Parenchymeinbruch)
  • Angiom, Kavernom
  • sekundär hämorrhagischer Hirninfarkt
  • Hirntumor (z.B. apoplektisches Gliom)
  • Vaskulitis, zerebrale Amyloidangiopathie, Amphetaminabusus, Kokainabusus
  • Sinusvenenthrombose

Klinik

Für eine Blutung sprechen:

  • akuter Beginn
  • Hochdruckanamnese
  • initiale Bewußtseinseintrübung
  • schwere neurologische Ausfälle
  • intensiver Kopfschmerz
  • Übelkeit, Erbrechen

Im einzelnen ist die Symptomatik abhängig von der Lokalisation; spontane hypertensive Blutungen bevorzugen in absteigender Häufigkeit folgende Lokalisationen:

Stammganglien

sensomotorische Hemiplegie, Aphasie, Blickdeviation, Hemianopsie. Siehe: MR-Bild

Marklager

hemispherale Herdsymptome, Anfälle

Thalamus

sensible Hemisymptomatik, Störungen der Pupillo- und Bulbomotorik, Hemiparese bei Mitbeteiligung der Capsula interna

Kleinhirn

Ataxie, Schwindel, Übelkeit, erbrechen, oft biphasischer Verlauf infolge sekundärer Hirnstammkompression durch zunehmendes Ödem

Pons

Tetraplegie, initiales Koma, „locked in“-Syndrom

Komplikationen

Perifokales Ödem mit Massenverschiebung und Mittelhirneinklemmung, Ventrikeleinblutung, Hydrozephalus, selten Nachblutung

Prognose

Hohe Frühletalität von 40 – 50 %, aber im Vergleich zum ischämischen Insult bessere Spätprognose (nur 1/3 der Überlebenden bleiben voll invalid)

Diagnostik

  • Sicherung der Diagnose durch Nativ-CCT
  • Blutdruck
  • Gerinnungsstatus
  • bei Patienten unter 45 Jahren MR (Kavernom, Angiom, Sinusvenenthrombose)
  • Angiographie zum Ausschluß einer Gefäßmißbildung v.a. bei jüngeren Patienten, Normotomie und Marklagerblutungen, in der Regel nach Resorption der Blutung

Therapie

Verbesserung der regionalen Hirndurchblutung

  • Stabilisierung des arteriellen Blutdrucks, Senkung extrem gesteigerter Blutdruckwerte (> 200 mmHg) nicht unter 160-180mmHg; initial Blutdrucksenkung mit alpha-Blockern (z.B. Urapidil: EprandilŽ); nach der Akutphase Umstellung auf moderne antihypertensive Therapie mit ACE-Hemmern und/oder Ca-Antagonisten
  • Ökonomisierung der Herztätigkeit (Digitalis? Rhythmisierung?)
  • Normalisierung der Atemgase

Vermeidung von Sekundärkomplikationen

Thromboseprophylaxe: initial nur physikalisch, nach 24h Low-dose-Heparinisierung; Immobilisieren nur bei klinisch-neurologischer Instabilität; außerdem Dekubitus-, Pneumonie- und Ulkusprophylaxe

Korrektur von Gerinnungsstörungen

  • Faktormangel: PPSB-Konzentrat ProthromplexŽ (Faktoren II, VII, IX, X) oder Frischplasma
  • Überdosierung von Cumarinen: PPSB; Dosierung: Differenz zwischen aktuellem Quick-Wert und Sollwert) x kgKG= Substitutionseinheiten, z.B. ProthromplexŽ
  • Korrektur von Gerinnungsstörungen: ProthromplexŽ; Dosierung: Differenz zwischen aktuellem Quick-Wert und Sollwert) x kgKG= Substitutionseinheiten
  • Laufende Heparinisierung: Antagonisieren mit ProtaminsulfatŽ (10mg Amp.)
  • Schwere Thrombopenien: Thrombozytenkonzentrate

Hirndruckbehandlung

Operative Therapie

Kraniotomie und Ausräumung der Blutung sind angezeigt bei Kleinhirnblutungen, rasch progedienter Hemisphärenblutung oder Zeichen der beginnenden Hirnstammeinklemmung (z.B. bilaterale Pyramidenbahnzeichen). Im CCT sprechen eine zunehmende Massenverlagerung, die ein- oder doppelseitige Verlegung der perimesenzephalen Zisternen und ein Stauungshydrozephalus für eine Operationsindikation. Alternativ zur Kraniotomie können neuere Operationsverfahren wie die Trepanation und Absaugung unter Ultraschallkontrolle oder die CT-stereotaktische Punktion und Drainage nach lokaler Fibrinolyse angewandt werden.

  • Ventrikeldrainage: Bei deutliche Erweiterung eines oder mehrerer Ventrikel (z.B.  Blockade eines Foramen Monroi) sollte die Ventrikeldrainage veranlaßt werden. Auch im Frühstadium einer Ventrikelblutung kann die Ventrikeldrainage lebensrettend sein.
  • Keine Indikation zur chirurgischen Intervention besteht bei bewußtlosen Patienten, schwerwiegenden neurologischen Ausfällen, bei Vorliegen einer Gerinnungsstörung sowie bei Thalamushämatomen und Brückenblutungen.

 

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