Erhöhter intrakranielle Druck (ICP) und Hirnödem
- Ein Hirnödems entwickelt sich 24-48h nach einem Schlaganfall und kompliziert häufig den weiteren Krankheitsverlauf.
- Insbesondere jüngere Patienten mit kompletten Mediainfarkten erleiden häufig massive Hirnschwellungen begleitet von intrakraniellen Druckanstiegen.
- Komplikation: Nach 2-4 Tagen kommt es häufig zur Einklemmung, nachfolgend zum Tod (Hacke et al. 1996).
- Die Prognose dieser Patientengruppe ist bei konservativer Therapie mit einer Mortalität bis 80% als sehr ungünstig einzuschätzen (Rieke et al. 1995; Hacke et al. 1996).
Empfehlungen
- Die Osmotherapie ist indiziert bei Patienten, die Symptome infolge erhöhten intrakraniellen Druckes sowie Herniationszeichen entwickeln (LOE III).
- Die Dekompressionsbehandlung wird bei raumfordernden zerebellären Infarkten mit Hirnstammkompression empfohlen (LOE III).
- Die Dekompressionsbehandlung von Hemisphäreninfarkten wird ebenfalls empfohlen und ist nicht nur als lebensverlängernde Maßnahme anzusehen, sondern ermöglicht den Überlebenden trotz residualer neurologischer Symptome ein weitestgehend unabhängiges Leben (LOE III).
Konservative Therapie
- Grundversorgung bei erhöhtem intrakraniellen Druck:
- Oberkörperhochlagerung (30°)
- ausreichende Schmerzbehandlung
- Normalisierung der Körpertemperatur
- Entwickelt sich unter diesen Maßnahmen eine Hirndrucksymptomatik, dann:
- intravenösen Osmotherapie mit
- Glycerol (4? 250ml Glycerol 10% über 30-60min) oder
- Mannitol (25-50g Mannitol alle 3-6h)
- Auf hypotone und glukosehaltige Lösungen sollte in diesem Stadium als Flüssigkeitsersatz verzichtet werden.
- Optional:
- kurz wirksamen Barbituraten wie Thiopental
- bei hohem ICP als Bolus
- senkt schnell und effektiv den Hirndruck
- zu beachten: eine Barbituratbehandlung erfordert ein Hirndruck- und EEG-Monitoring
- durch Bolusbehandlung kann Blutdruckabfall auftreten!
- kurz wirksamen Barbituraten wie Thiopental
- Alternativ zur Barbituratbehandlung:
- Tris-(hydroxymethyl-)aminomethan-Pufferlösungen
- Cave: nephrotische Nebenwirkungen
- Tris-(hydroxymethyl-)aminomethan-Pufferlösungen
- intravenösen Osmotherapie mit
- nicht wirksam beim postischämischen Hirnödem: Kortikosteroide
Operative Dekompression
- Die dekompressive Kraniektomie
- reduziert bei raumfordernden Hemisphäreninfarkten die Mortalität von 80% auf 30%
- ohne die Anzahl schwer behinderter Überlebender zu erhöhen.
- Die großzügig anzulegende Trepanationslücke führt zur
- Druckentlastung von geschwollenem Hirngewebe und
- verbessert die zerebrale Perfusion durch Entfaltung von kollateralen Gefäßkreisläufen.
- Eine frühe Kraniotomie (innerhalb der ersten 24h), bevor die ersten Symptome einer Herniation aufgetreten sind, scheint noch günstiger zu sein und wird derzeit in einer prospektiven Multicenter-Studie untersucht (Rieke et al. 1995; Schwab et al. 1998).
- Bei Kleinhirninfarkten ist die dekompressive Kraniotomie die Therapiemethode der Wahl.
- Die Datenlage ist keineswegs eindeutiger als bei Hemisphäreninfarkten.
- Die dekompressive Kranietomie reduziert bei komatösen Patienten mit raumfordernden Kleinhirninfarkten die Mortalität ebenfalls von 80% auf 30% (Heros et al. 1992; Rieke et al. 1993).
- Eine frühe Trepanation, noch bevor ersten Symptome einer Einklemmung zu finden sind, ist wie bei supratentoriellen Hemisphäreninfarkten zu bevorzugen.
- Die Prognose der Überlebenden kann als sehr gut eingeschätzt werden, selbst wenn die Patienten zum Operationszeitpunkt bereits komatös waren.
- Zu bedenken ist:
- Bei alle vorliegenden Studien handelt es sich um offene Fallserien.
- Nur eine Studie weist ein prospektives Design auf (Rieke et al. 1993).
- Daten aus kontrollierten und randomisierten Studien sind nicht verfügbar.
Hypothermie
- Moderate Hypothermie mit 33-35°C (Schwab et al. 1998):
- wurde von Schlaganfallpatienten ohne gravierenden Nebenwirkungen toleriert
- führte zu einer Reduktion der Mortalität nach schweren Mediainfarkten
- Hypothermie ist derzeit ein vielversprechende Therapieverfahren und wird in kontrollierten prospektiven Studien untersucht.