HIV-Enzephalitis

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Ätiologie

HIV (human immunodeficiency virus). Zwei antigenetische differente Subtypen: HIV 1 und westafrikanische Variante HIV 2. Übertragung durch Geschlechtsverkehr(v.a. Analverkehr) und parenteralen Kontakt mit infiziertem Blut, infizierten Blutprodukten und kontaminierten Nadeln

Stadien der HIV-Infektion

akute HIV-Krankheit

  • Serokonversion
  • flüchtige Mononukleose-artige Bilder bei 50-70% der Infizierten
  • 3-6 Wochen nach der Infektion

seropositive, symptomfreie Latenzzeit

  • Monate bis Jahre
  • symptomfreier Patient
  • aber ansteckend

Lymphadenopathiesyndrom (LAS)

  • Lymphknotenvergrößerungen > 1cm
  • mindestens an 2 extrainguinalen Stellen
  • mindestens 3 Monate

AIDS-related-Complex (ACR)

  • mindestens zwei der aufgeführten klinischen und zusätzlich mindestens zwei der aufgeführten Laborbefunde

Klinik

Symptome

  • LAS
  • Gewichtsverlust (>10%)
  • Fieber (>38°C)
  • Diarrhoe (>1 Mon)
  • Nachtschweiß
  • Müdigkeit
  • Herpes zoster über mehrere Dermatome

Laborwerte

  • Anämie
  • Leukopenie
  • Thrombopenie
  • T-Helferzellzahl unter 400/ĩl
  • T-Helfer/T-Suppressor < 1
  • polyklonale Vermehrung der Serum-Gammaglobuline
  • verminderte Lymphozyten-Stimulierbarkeit mit Phytohämagglutinin
  • Anergie im Intrakutan-Test zur Bestimmung der zellvermittelten Immunität

Vollbild AIDS

  • Erkrankung an einer AIDS-definierenden opportunistischen Infektion oder einem Malignom
  • Kaposi Sarkom
  • B-Zell-Lymphom
  • chron. HIV-Enzephalopathie

CDC-Definition: HIV-Infektionen und AIDS

CD4-Zellen

( A )
Asymptomatisch
LAS

( B )
Symptomatisch
ARC

( C )
AIDS

(1) > 500/ĩl

A1

B1

C1

(2)200-499/ĩl

A2

B2

C2

(3) < 200/ĩl

A3

B3

C3

Neurologische Komplikationen

  • 30-60% aller HIV-Infizierten entwickeln neurologische Auffälligkeiten
  • primäre Komplikation durch Befall des Nervensystems durch das Virus selbst
  • sekundäre Komplikationen durch opportunistische Infektionen und Neoplasmen auf dem Boden des Immundefektes
  • metabolische Störungen im Rahmen extrazerebraler Manifestationen
  • Neurologische Komplikationen treten in allen Stadien auf
  • in 10% der klinischen Erstmanifestation der HIV-Infektion

Diagnostik

Anamnese

  • Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe (homosexuelle oder bisexuelle Männer, Fixer, Hämophile, Transfusionsempfänger)

Serodiagnostik

  • Suchtest
  • ELISA, Sensitivität 97-99%
  • Bestätigungstest: Western-Blot, Spezifität fast 100%
  • gesicherter Nachweis: im Suchtest und Bestätigungstest wurden HIV-Antikörper nachgewiesen
  • zur Vermeidung falsch positiver Resultate empfiehlt sich allerdings die Wiederholung des Bestätigungstests mit eine zweiten Blutprobe
  • ein negativer HIV-Test schließt eine HIV-Infektion nur dann mit großer Wahrscheinlichkeit aus, wenn in einem Zeitraum von 3 (besser 6) Monaten vor dem Test keine Infektionsmöglichkeit bestand
  • HIV-2 Antikörper (bei Westafrikanern oder Patienten, die mit Westafrikanern sexuellen Kontakt hatten) werden mit den übliche Testverfahren meist nicht erfaßt.
  • bei fortgeschrittenem Immundefekt kann der HIV-Test negativ werden
  • Blutbild, Bestimmung der T-Helfer-Zellzahl
  • Intrakutantest
  • TPHA-Test
  • Toxoplasmose-Serologie (KBR, indir. Immunfluoreszenztest)
  • Cryptococcus-Antigentest

Neurologische Diagnostik

  • obligat in jedem Fall von HIV-Positivität
  • klinisch neurologische Untersuchung
  • EEG: Herdbefund? Allgemeinveränderungen?
  • CCT: Atrophie? Herd? Leukenzephalopathie?

fakultativ in Abhängigkeit von der jeweiligen neurologischen Auffälligkeit

  • neuropsychologische Testung
    • Elektroneurographie und – Myographie
    • evozierte Potentiale
  • Liquor
    • Zellen?
    • Schrankenstörung?
    • intrathekale IgG-Produktion
    • intrathekale HIV-Antikörper-Produktion
    • Cryptococcus-Antigen
    • Tusche-Präparat
    • Kultur
    • bakterielle Kultur, inkl. Tb-Kultur
  • MR (sensitiver als CCT, aber ebenso unspezifisch!)
  • Hirnbiopsie (nur bei unklarem intrazerebralem Herdbefund, der nicht innerhalb von 3-4 Wochen auf eine probatorische Toxoplasmosetherapie anspricht; differentialdiagnostisch kommt in erster Linie ein ZNS-Lymphom in Frage)
  • Konsequenzen
  • Umstellen der Toxoplasmose-Medikation (bei Toxoplasmose-Nachweis)
  • bei Lymphomnachweis: Dexamethason-Therapie und evtl. Bestrahlung

Therapie

Eine Heilung der HIV-Infektion ist derzeit nicht möglich. Einen Impfstoff gibt es noch nicht. Folgende Virustatika stehen für die Therapie der HIV-Infektion zur Verfügung

  • Azidothymidin (AZT, Zidovudin, Retrovir®)
  • Dideoxycytidin (ddC, Zalcitabin Hivid®)
  • Didanosin (ddI, Videx®)

Therapeutika bei HIV

Azidothymidin

  • AZT, Zidovudin, Retrovir®
  • Präparate
    • RETROVIR® – Konzentrat 200 mg zur Infusionsbereitung
    • RETROVIR – Kapseln 100 mg
    • RETROVIR – Kapseln 250 mg
    • RETROVIR – Saft 50 mg/5 ml
    • RETROVIR – Filmtabletten 200 mg
    • RETROVIR – Filmtabletten 300 mg
  • Wirkungsmechanismus
    • Thymidinanalogon, hemmt die reverse Transkriptase des HIV
    • Antivirales Pyrimidinnukleosid-Analogon gegen Retroviren einschließlich HIV. Gut liquorgängig
  • Art der Anwendung
    • Zur Behandlung von Patienten mit HIV-Infektionen, die entweder asymptomatisch sind oder prognostische Merkmale einer Progression aufweisen
    • Zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenen HIV-Infektionen, wie dem erworbenen Immunmangelsyndrom (AIDS) oder AIDS- related complex (ARC)
    • Zur Behandlung von HIV-Infektionen bei Kindern, die Symptome einer HIV-Infektion aufweisen oder Marker, die auf eine signifikante Immunsuppression hinweisen
    • Die Nutzen-/Risiko Abwägung aufgrund der derzeit vorliegenden Daten empfiehlt eine frühzeitige Behandlung. Kombinationstherapie bei fortgeschrittenen HIV-Infektionen:
      • Bei Erwachsenen mit fortgeschrittenen HIV-Infektionen (T4-Helferzellen < 300/mm3), bei denen eine signifikante klinische und immunologische Verschlechterung des Zustandsbildes zu beobachten ist, kann die zusätzliche Gabe von Zalcitabin (HIVID) erwogen werden.
  • Indikation
    • ARC
    • AIDS (T4-Lymphozyten < 500/mm3)3
  • Dosierung
    • TD 500-600 mg in 3-5 ED. Kinder über 3 Monate: Initial 4mal tgl. 180 mg/m2 KOF, weiter mit TD 480-780 mg/m2 KOF
    • Bei HIV-Enzephalopathie sind wahrscheinlich höhere Dosen notwendig (1000mg/d)
  • Gegenanzeige
    • Schwere Knochenmarksschäden
    • Vorsicht bei Nieren-, Leberschäden
  • Schwangerschaft: strenge Indikationsstellung, nicht stillen.
  • Nebenwirkung
    • sind gravierend! Knochenmarkssuppression, Anämie (häufig transfusionsbedürftig), Neutropenie, Leukopenie (daher 2-wöchige BB-Ko., Übelkeit, Myalgie, Hepatitis, Transaminasen-Erhöhung, Schlaflosigkeit, Epileptische Anfälle, Erbrechen, Blutungen, Magen-Darm, Haut, Lunge, Harnblase. Kopfschmerzen, Myopathie, Panzytopenie, Nagelverfärbung. Stevens-Johnson-Syndrom.
  • Wechselwirkung
    • Paracetamol erhöht Neutropenie-Inzidenz
    • Probenecid verringert Abbau von Zidovudin
    • Substanzen, die durch Lebermikrosomen oder Glukuronidierung abgebaut werden, können Metabolismus beeinflussen
    • Potentiell nephro-toxische oder myelotoxische Substanzen erhöhen toxisches Risiko
    • Ribavirin (in-vitro-Antagonismus)
    • Phenytoin (Blutspiegel überwachen).
  • Kontrollen
    • Hämatologische Kontrolle zunächst alle 2 Wochen, später monatlich.
  • Zidovudin-Therapie reduziert nicht das HIV-Infektionsrisiko.

Dideoxycytidin

  • ddC, Zalcitabin, Hivid®

Didanosin

  • ddi, Videx®

Primäre Komplikationen bei HIV

Akute HIV-Meningoenzephalitis

Klinik

(sub)akute aseptische Meningitis im Stadium der Serokonversion, Restitutio ad integrum innerhalb weniger Wochen

Therapie

symptomatisch

Akute, aseptische HIV Meningitis

Klinik

bevorzugte Manifestation in Frühstadien; uncharakteristische, aseptische Meningitis, Kopfschmerzen, Hirnnervenausfälle (bes. N.facialis)

Therapie

symptomatisch

Chronische HIV-Enzephalitis

Klinik

Manifestation in allen Krankheitsstadien, unspezifische psychopathologische Auffälligkeiten, im Endstadium dementieller Mutismus

Therapie

symptomatisch, wenn T4-Helferzellen < 500/mm3: Zidovudin (Retrovir®) 1000mg/d p.o. Ö Retrovir® 200mg ftbl 4×1.

HIV-Myelopathie

Klinik

spastische Lähmungen, Hinterstrangsymptome, Blasenstörungen

Therapie

symptomatisch, wenn T4-Helferzellen < 500/mm3: Zidovudin (Retrovir®) 1000mg/d p.o. Ö Retrovir® 250mg kps 4×1

periphere Neuropathie

Klinik

chronische Polyneuropathie (distal betont, symmetrisch, überwiegend sensibel), Mononeuritis multiplex, selten: Guillain-Barré-Syndrom

Therapie

symptomatisch, keine sichere Wirksamkeit von Zidovudin, Plasmapherese bei rascher Progredienz der Paresen

Myelopathie

Klinik

  • Paresen proximaler Muskeln
  • chronisch progredient
  • selten Stillstand oder Remission

Therapie

  • Therapieversuch mit Prednisolon 25-75mg/d p.o. (Apredinsolon® 25mg tbl)
  • Dosierung nach Ansprechen der Therapie

Sekundäre Komplikationen bei HIV

ZNS-Toxoplasmose

Klinik

  • Herdenzephalitis

Therapie

  • 1. Wahl
    • Pyrimethamid 50mg/d p.o.
    • + Sulfadiazin 3-4x2g/d p.o.
    • + Folinsäure 10-20mg/d p.o
  • Alternative
    • Pyrimethamin
    • + Clindamycin 4x600mg/d p.o.
  • Rezidivprophylaxe
    • Pyrimethamin 25mg/d p.o.
    • + Clindamycin 300-600mg/d p.o.
    • + Folinsäure 10mg/d p.o.

Kryptokokkenmeningitis

Klinik

  • uncharakteristische subakute oder chronische Meningitis

Therapie

  • Amphotericin B 0,3-0,6mg/kgKG/d i.v.
  • + Flucytosin 150mg/kgKG/d p.o.
  • Rezidivprophylaxe
  • Fluconazol 200mg/d p.o.

Zytomegalie-Enzephalitis

Klinik

  • chronische Enzephalitis
  • uncharakteristische psychopathologische Auffälligkeiten
  • CMV-Retinitis

Therapie

  • DHPG (9-[1,3-dehydroxy-2-propoxymethyl]guanin)

progressive multifokale Leukenzephalopathie

Klinik

multifokale, demyelinisierende Leukenzephalopathie mit psychopathologischen Auffälligkeiten und Herdsymptomen; Erreger Papovavirus

Therapie

  • Cytosin-Arabinosid? (Alexan®, Cytosar®)

primäres ZNS-Lymphom

Klinik

  • Symptome der intrazerebralen Raumforderung
  • Überlebenszeit Wochen bis Monate

Therapie

  • Dexamethason (Fortecortin® 8mg tbl)3x8mg/d p.o.
  • evtl. Bestrahlung

tuberkulöse Meningitis

Klinik

  • subakute/chronische Meningitis

Therapie

  • Isoniazid + Rifampicin + Pyrazinamid + Prednison

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