Stadium II: TIA und PRIND
Definition
TIA
Transitorische ischämische Attacke.
- Vorübergehende neurologische Ausfälle
- einschließlich Amaurosis fugax
- innerhalb von 24 Stunden vollkommene Rückbildung,
- ohne einen Defekt zu hinterlassen.
PRIND
Prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit.
- vorübergehende neurologische Ausfälle
- länger als 24std.
- weniger als 3 Wochen
- ohne nachweisbaren Strukturdefekten (wie TIA)
Pathogenese
- passagere Ischämie, mit Durchblutungswerten zwischen Funktions- und Strukturerhaltungsschwelle.
- meist verursacht durch Mikroembolien aus ulzerierenden, atheromatösen Plaques der supraaortischen Gefäße
- wahrscheinlich weniger häufig durch Abfall des Perfusionsdrucks bei hochgradiger Stenose oder kompensiertem Verschluß und Stealsyndromen.
Klinik
- Ausfälle einem Gefäßgebiet zuzuordnen
- im Akutstadium nicht von einem Insult zu unterscheiden
Diagnostik
- Palpation und Auskultation der Halsgefäße
- RR-Messung an beiden Armen
- vask. Risikofaktoren
- BSG, BB
- Gerinnungsstatus (wenn <50LJ: zusätzlich ATIII funktionell, Protein S-Antigen, Protein C funktionell, Fibrinogen, aktivierte Protein C Resistence = APCR)
- Immunstatus (Vaskulitis?)
- Antiphospholipidantikörper
- Duplex u. Dopplersonographie der Halsgefäße
- Transkranielle Doppler (TCD) der Hirnarterien.
- EEG
- CCT/MR
- Kardiale Auskultation
- EKG
- Echocardiographie, Ausschluß einer kardialen Emboliequelle
- Rö-Thorax
- Schilddrüsenparameter
- präoperative Kontrastmittel CCT (Schrankenstörung)
- präoperative Angiographie
- DD: fokale Anfälle
Therapie
Da im akuten Stadium nicht von einem kompletten Schlaganfall zu unterscheiden ist, muß die TIA wie dieser behandelt werden.
Medikamentöse Therapie
Rezidivprophylaxe
- Behandlung vaskulärer Risikofaktoren, insbesodere art. Hypertonie
- Behandlung art. Hypotonie, ggf. Reduktion von Antihypertonika (bei hämodynamisch relevanten Stenosen soll der Blutdruck nicht unter 150 mmHg systolisch sinken)
- Behandlung einer Herzinsuffizienz; ggf. Schrittmacherimplantation bei bradycarden Arrhythmien.
Thrombozytenaggregationshemmer
Acetylsalicylsäure
- Indikation: 100 bis 300mg bei
- inoperablen Stenosen oder bei Verschlüssen im extrakraniellen Verlauf der Karotiden
- kombinierte extra- u. intrakranielle Stenosen
- Vertebralis- oder Subklaviastenosen, bzw. –Verschlüsse.
- normale sonographische u./o. angiographische Befund nach Ausschluß einer kardialen Emboliequelle (F Heparinisierung, ..)
- Dauer der Acetylsalicyltherapie
- min. 1 – 2 Jahre
- ohne dabei weitere TIAs zu haben
- ohne sonographische Verschlechterung
- Nebenwirkung von ASS
- bei Dosierung von 100 bis 300mg nicht zu erwarten.
- Magenschmerzen
- gastrointestinale Blutungen
- allergische Reaktionen (dosisunabhängig, selten): Bronchospasmus, Exantheme
- Kontraindikation von ASS
- hämorrhagische Diathese
- Magen-Darm-Ulcera
Acetylsalicylsäure + Dipyridamol
AsasantinŽ ret kps (ASS 50mg, Dipyridamol 200mg) tgl. 2×1
- Indikation
- wirksamer als ASS alleine oder Dipyridamol alleine
- Dosierung von ASS in dieser Kombination geringer als bei Monotherapie
- Kontrakindikation
- wie ASS
- schwere KHK und Angina pectoris
Clopidogrel
- 75mg ftbl 1×1/Tag
- Indikation
- ASS – Unverträglichkeit
- bei Insult (nach 7 Tagen), pAVK und Herzinfarkt
Cumarinderivate
- Indikation bei TIA, ist nur unter den hier angeführten Gründen indiziert
- Unverträglichkeit von ASS u. Tiklid
- Wiederauftreten von TIAs unter ASS o. Tiklid
- Kardiale Embolie
- Dauer der Cumarintherapie
- 3 Monate bei ASS/Tiklid-Unverträglichkeit (danach überwiegt Blutungsrisiko)
- 3 Monate auch bei kardialer Ursache
- länger: bei nicht therapierbaren kardialen Emboliequellen (z.B. Flimmerarrhythmie)
- spätestens nach 1 Jahr Umstellung auf ASS 100 bis ASS 300
- Keine Indikation für Cumarine
- bakterielle Endokarditis (hier helfen nur Antibiotika!)
Moderne orale Antikoagulantientherapie
Werden noch genauer ausgeführt.
- Dabigatran (Pradaxa®)
- Rivaroxaban (Xarelto®)
Heparinisierung
- Indikation
- bei Crescendo – TIAs (Wenn TIAs immer häufiger werden, schwerer verlaufen und länger dauern) dann notfallsmäßig vollheparinisieren.
- Bolus 5000 IE; Perfusor 25.000 IE/50ml auf 2ml/h einstellen.
- pTT kontrollieren: Soll 2-3x des Ausgangswertes (ca. 60-90s) erreichen. Entsprechend Perfusoreinstellungen ändern.
Operative Therapie
TEA
Die Karotisstenose mit TIA im nachgeschalteten Versorgungsgebiet gilt als die klassische Indikation für die Thrombendarteriektomie (TEA).
- Indikation
- Stenosen über 80%. Die Überlegenheit der chirurgischen gegenüber der konservativen Therapie ist bei Stenosen >80% durch kontrollierte Studien belegt.
- Tief ulzerierende Plaques. Eine Karotis-TEA sollte erwogen werden bei tief ulzerierender Internaläsion und ipsilateralen hemisphäralen TIAs
- Stenose der ACI 50..80%. Wenn trotz Prophylaxe mit ASS/Ticlopidin weitere TIAs auftreten.
- Keine Indikation
- Tandemstenosen (hintereinandergeschalteten Stenosen im Extra- und intrakraniellen Kreislauf)
- VBI, vertebrobasilären TIAs und ACI-Stenose
- Internaverschluß (Ausnahme: Verschluß nicht älter 2-3h)
- Kontraindikation
- kurz (< 6 mon) zurückliegender Myokardinfarkt
- CCT / MR – Nachweis einer Ischämie mit Schrankenstörung
- therapierefraktäre Herzinsuffizienz
- unkontrollierte arterielle Hypertonie
- schwere chron. Lungenerkrankung
- hohes Alter
- Lebenserwartung weniger als 6 mon wegen anderer Erkrankung
- hohe Komplikationsrate des operierenden Chirurgenteams (>3%)
- Postoperative Empfehlung
- Thrombozytenaggregationshemmer für 2 Jahre
- Doppler-/Duplexsonographie Kontrolle alle 6 mon
Extra- intrakranielle Bypass-Operation
- Gelten nach EC-IC Bypass Study Group als nicht wirksam.