Psychopharmakologische Notfälle

Symptomatik

Zahlreiche psychiatrische Notfallsyndrome können durch Psychopharmaka selbst (iatrogen, akzidentiell, suizidale Absicht) ausgelöst werden. Folgend sehen sie charakteristische Symptomenkomplexe der wichtigsten Psychopharmaka zusammengestellt.

Ärztliches Verhalten

  • bei jedem psychiatrischen Notfall sorgfältige Medikamentenanamnese unter Einbeziehung der Angehörigen
  • Nicht nur auf Spontanberichte des Patienten verlassen, sondern gezielt nachfragen, evtl. die Handelsnamen einiger gängiger Präparate (wie Valium®, Lexotanil®, .. „Spritzen, die alle 1-3 Wochen regelmäßig injiziert werden“, z.B. Depotneuroleptika) als Erinnerungshilfe anbieten. Häufig ist die gleichzeitige Einnahme verschiedener Medikamente zu eruieren, wie dies bei multimorbiden älteren Menschen nahezu immer der Fall ist.

  • Sich alle Tablettenschachteln zeigen lassen. Durch Nachfragen Einnahmemenge und Einnahmezeitraum exakt eingrenzen.
  • Im Zweifelsfall sämtliche Medikamente absetzen, ausreichende Flüssigkeitszufuhr sicherstellen, ggf. stationäre Behandlung.

Therapie bei hochpotenten Neuroleptika

Hochpotente Neuroleptika machen eher Symptome als niedrigpotente.

bei Frühdyskinesie

  • Biperiden (Akineton®) 5mg/d i.v.
  • Biperiden (Akineton®) drg 1-3 x 4mg/d

bei Akathisie (Sitz- und Bewegungsunruhe)

  • Neuroleptika reduzieren
  • Diazepam 1-3 x 10mg/d
  • Biperiden (Akineton®) 5mg A/d i.v.

bei Depression (bei Langzeittherapie, v.a. in höherer Dosierung)

  • Absetzen o. deutlich reduzieren
  • Biperiden (Akineton®) 1-3 x 4mg/d
  • Amitriptylin (Saroten®) ret 1-4 x 25mg/d

bei neuroleptischem Syndrom

  • siehe oben

Therapie bei niedrigpotenten mehr als hochpotenten Neuroleptika

bei Blasensperre, Glaukomanfall

  • absetzen oder deutlich reduzieren
  • Acetazolamid (Diamox®) i.v.

bei Delir (Kombinationsbehandlung bei älteren Patienten)

  • absetzen oder deutlich reduzieren
  • Distraneurin® 1-4 x 200mg/d
  • Intensivstation

Therapie bei Antidepressiva

(trizyklische mehr als tetrazyklische)

  • Antidepressivum absetzen
  • Biperiden

bei zerebralen Anfällen

  • absetzen
  • Benzodiazepine, z.B. Clonazepam 1-3 x 2mg/d

 

MAO – Hemmer

bei Hypertensiver Krise

Nach Diätfehlern mit tyraminhaltigen Speisen oder bei Kombination mit Antidepressiva, z.B. Clomipramin (Anafranil®) oder Fluoxitin)

  • absetzen bzw. Diät einhalten
  • Blutdrucksenkung
  • stationäre Behandlung

 

Th bei Lithium

bei Tremor, Dysarthrie, Ataxie

  • Absetzen bzw. deutlich reduzieren

bei Durchfall/Erbrechen

  • Flüssigkeit (1-2l p.o./i.v.)

bei Bewußtseinsstörung

  • stationäre Behandlung
  • evtl. Dialyse

bei zerebralen Anfällen

  • Benzodiazepine, z.B. Clonazepam (Rivotril®) 1-3 x 2mg/d
  • Lithium deutlich reduzieren
  • Flüssigkeitsgabe

bei Lithiumserumspiegel > 1,6mmol/l

  • Ernsthafte Intoxikation!
  • sofortige Klinikeinweisung

Therapie bei Benzodiazepinen

bei Entzugskrampf

  • Benzodiazepine, z.B. Clonazepam 1-3 x 2mg/d

bei Entzugsdelir

  • ausreichende Erhaltungsdosis ansetzen
  • behutsame Reduktion
  • unter antikonvulsivem Schutz (z.B. Carbamazepin 3x200mg/d)

 

Therapie bei Drogenmißbrauch

bei Halluzinationen, Angst und Erregungszustand

  • Benzodiazepime, z.B. Lorazepam 1-3 x 1-2,5mg/d

stationäre Behandlung

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