Anlagestörungen

Neurologische Anlagestörungen

Der Begriff Anlagestörung bezieht sich in der Medizin, insbesondere in der Neurologie, auf angeborene (genetisch bedingte) Entwicklungsstörungen, die bereits während der Embryonalentwicklung durch eine „gestörte Anlage“ eines Organsystems entstehen. Für neurologische Anlagestörungen, also Störungen des Nervensystems, sind die Ursachen vielschichtig.

Hier eine strukturierte Übersicht der wichtigsten Ursachen:

1. Genetische Ursachen

Diese stellen den häufigsten Grund für neurologische Anlagestörungen dar.

Vererbte Genmutationen

    • Autosomal-dominant (z. B. Huntington-Krankheit)
    • Autosomal-rezessiv (z. B. Spinale Muskelatrophie)
    • X-chromosomal (z. B. Fragiles-X-Syndrom)

Spontanmutationen (de novo)

    • Mutationen, die nicht von den Eltern geerbt, sondern neu im Embryo entstehen (z. B. Tuberöse Sklerose)

2. Chromosomenanomalien

Strukturelle oder numerische Veränderungen in den Chromosomen führen häufig zu Anlagestörungen.

Beispiele:

    • Trisomie 21 (Down-Syndrom) – führt zu geistiger Behinderung, Hypotonie, u. a.
    • Mikrodeletionen (z. B. 22q11.2-Deletion beim DiGeorge-Syndrom)
    • Duplikationen oder Translokationen

3. Teratogene Einflüsse in der Schwangerschaft

Externe Störungen der Embryonalentwicklung, insbesondere im ersten Trimester.

Mögliche Teratogene:

    • Infektionen (z. B. Röteln, Cytomegalie, Zika-Virus → Mikrozephalie)
    • Medikamente (z. B. Valproat → fetales Antikonvulsivumsyndrom)
    • Alkohol/Drogen (z. B. fetales Alkoholsyndrom)
    • Mangelernährung (z. B. Folsäuremangel → Neuralrohrdefekte)

4. Stoffwechselerkrankungen

Erbliche Störungen des Stoffwechsels können die Entwicklung des Gehirns stören.

Beispiele:

    • Phenylketonurie (PKU) – führt unbehandelt zu geistiger Behinderung
    • Lysosomale Speicherkrankheiten (z. B. Tay-Sachs, Morbus Niemann-Pick)

5. Entwicklungsstörungen des Gehirns

Fehlbildungen aufgrund genetischer oder epigenetischer Störungen, z. B.:

    • Lissenzephalie (fehlende Hirnwindungen)
    • Mikrozephalie (zu kleiner Kopf)
    • Agenesie des Corpus callosum (Fehlen der Hirnbalkenstruktur)

6. Epigenetische Faktoren

Genexpression kann durch Umweltfaktoren beeinflusst werden, ohne dass sich die DNA-Sequenz verändert.

Beispiele:

    • Stress bei der Mutter während der Schwangerschaft
    • Mangel an Mikronährstoffen (z. B. Jodmangel → Kretinismus)

Fehlbildungen entstehen oft durch eine Kombination von Risikofaktoren.

Besonders zu erwähnen sind

Fehlbildung durch Kombination Rauchen u. Alkohol

    • Epikanthus (1:500 Neugeborene)
    • Herzfehler
    • Minderwuchs
    • geistige Retardierung, oft deutliche Intelligenzminderung
    • Geburtsgewicht ist oft deutlich herabgesetzt (unter 2500g)

durch Alkohol 

    • häufiger als die kombinierte Alkohol/Raucher-Schädigung
    • mildere Formen
    • mit Hypermobilität
    • leichtgradiger Intelligenzstörungen
    • auffällig: geringerer Kopfumfang bei Geburt (durch intrauterinen Minderwuchs)

Links

    • 🕸️NIH (National Institute on Alcohol Abuse and Alcoholism)
    • 🕸️AOK 

Häufige Fehlbildungen im Nervensystem