Anamnese in der Neurologie

Wie kommt man zur Diagnose? Die Neurologie lebt von der „Krankengeschichte“ – der Anamnese. Diese Information erhält man durch die Unterhaltung mit dem Patienten. Dafür muss man sich Zeit zu nehmen, ihn anhören, ihn im Gespräch führen, seine Ausführungen gewichten, gegebenenfalls nachfragen und in der Terminologie hinterfragen – gleiche Worte haben nicht immer den gleichen Inhalt. Dies klingt anfänglich kompliziert, man kommt aber schnell drauf, wie man das Gespräch strukturiert und effizient führt.

Ein Beispiel: Ein Patient erscheint gehend in der Ambulanz. Er gibt an, heftige, kaum erträgliche Kopfschmerzen zu haben und greift sich auch an die Stirn… Der erste Schritt ist sicher nicht, eine Computertomographie oder ein MRT zu machen, da es eine Unzahl von Kopfschmerzen gibt (mehr als 140), wohl aber nur eine bestimmte Form die Ursache ist. Wenn Sie jetzt vorschnell handeln, verlängern Sie unter Umständen den Weg bis zur richtigen Diagnosen und zur effizienten Behandlung. Daher beginnen Sie mit gezielten Fragen. Bei Kopfschmerzen wird man freilich anders fragen als bei Kreuzschmerzen, oder bei Lähmungen, Gefühlsstörungen; das hängt vom eigenen Wissen über die neurologischen Krankheiten ab. Aber ein etwa gleichbleibendes Grundkonzept sollte man sich zurechtlegen, damit man nicht den Lebensroman des Patienten erfährt, ohne auf den Kern seiner Beschwerden zu kommen.

Wenn ich auch noch nicht viel über die Neurologie selbst gesagt habe, hier mal ein kleiner Hinweis: Die beste Information über Kopfschmerzen erhält man von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Die bei uns gebräuchliche Klassifikation kommt von der International Headache Society, heißt ICHD und liegt in der 3. Version auf. Sie kann auch als ICHD-3 in deutscher Übersetzung vom Server der DMKG heruntergeladen werden.

Jetzt bin ich aber schon etwas zu tief in der Neurologie. Wir sind noch bei der Anamnese.

Die Struktur der Anamnese

Grundsätzlich kann jeder seine Patientengespräche nach Belieben gestalten. Hält man sich jedoch an eine Struktur, kann man schneller eine Krankheitsbeurteilung erreichen.

Die Struktur sollte folgende Punkte beinhalten:

  • wann begannen die Beschwerden
  • waren sie von anderen Symptomen begleitet
  • gibt es Auslöser, vermutete Auslöser
  • welche sonstigen Erkrankungen hat der Patient
  • nimmt der Patient Medikamente ein
    • welche nimmt er regelmäßig ein
    • wofür nimmt er Bedarfsmedikamente ein
  • hat er bereits andere Ärzte aufgesucht
  • gibt es Vorbefunde
  • welchen Lebensstil hat er
    • Tätigkeitsbereich, erlernter Beruf
    • Familie
    • Freizeitgestaltung
    • Belastungen (beruflich, Familie, finanziell, sonstige…)
    • Ernährungsgewohnheiten, Rauchen, Alkohol und andere Genussgifte